Ausstellung

Joanna Grzybek

NIE MA MURU

 07.-28. November 2009

Vernissage: 07.11.09, 20 Uhr

Finissage: 28.11.09, 20 Uhr

Die in Leipzig lebende und arbeitende Künstlerin Joanna Grzybek experimentiert mit dem kunstgeschichtlich traditionellen Motiv des menschlichen Körpers und mit seinen Beziehungen zu dem ihn umgebenden Raum. So traditionell das Motiv, was Grzybek bereits seit 2001 kontinuierlich in ihren Gemälden verarbeitet, so verblüffend ist die von der Künstlerin eigens entwickelte Technik der Baumwollgaze Collagierung, die den Werken einen ephemeren, beinahe transzendenten Charakter verleiht. Die nicht endgültigen, wie in ein Werden begriffenen anthropomorphen Figuren sind in ihrer Farbigkeit stark zurückgenommen und für die wechselnden Kontexte des Raums und des Lichts, in denen sie existieren, empfänglich. In ihren Gemälden kombiniert Grzybek das Material der Baumwollgaze mit den Techniken der Acrylmalerei und der Grafitzeichnung. Sobald man sich den Gemälden nähert, bemerkt man das aufwendige Schichtverfahren, mittels derer Grzybek die fein konturierten Strukturen auf die Leinwand bannt. In der aktuellen Serie „Kontakte und Relationen“ trug die Künstlerin zu weilen präzise Gaze- und Acrylfarbschichten auf die Leinwand auf, bis das Ergebnis von einer zwischen Realität und Abstraktion oszillierenden Schönheit entstehen konnte. Die Farbigkeit der in der Einzelausstellung präsentierten Gemälde erinnert an die „White Paintings“ der 1950er Jahre von Robert Rauschenberg. Die jeweiligen Lichtverhältnisse, unter denen das Bild gesehen wird, bilden sowohl in Rauschenbergs „White Paintings“ als auch in Grzybeks Gemälden eine wesentliche Voraussetzung für die Bildwahrnehmung. Sobald der Betrachter vor die Leinwand tritt, seinen eigenen Schatten und die Schatten ihn umgebender Objekte auf der Bildoberfläche erkennt, steht ihm eine Vielzahl an phänomenologischen Erfahrungen offen. Doch während die Bildoberfläche der „White Paintings“ von jeglichen Details, Farb- und Strukturmodulationen befreit ist, intensivieren die internen Bildbeziehungen in Grzybeks Arbeiten die Vorstellungskraft des Betrachters. Dabei geben die Titel der Arbeiten „Nähe“, „Schutz“ oder „Beobachtung“ einen Wahrnehmungsrahmen vor. Die Erzählungen hinter den sichtbaren Bildern sollen die Betrachter jedoch eigenständig ersehen. Das unmittelbare Erfahren der Gemälde „Hinwendung“, „Ich“ und der Installation „Widmung I und II“ von Grzybek erfolgt in Raum und Zeit und ist durch die unmittelbare Wahrnehmung des Betrachters bestimmt. In ihrer Arbeit sieht Grzybek die Möglichkeit, den Betrachter am Entstehungsprozess eines Kunstwerkes und der damit verbundenen Verantwortung zu beteiligen. So können die Ausstellungsbesucher die lichte Installation „In Between“ begehen, sich zwischen den aus Gaze gefertigten Figuren stellen und somit ihre Beziehungen untereinander mit der eigenen körperlichen Präsenz verändern oder gar unterbrechen. Die körperliche Aktivität des Betrachters bestimmt das Erscheinungsbild der Installation. Die Künstlerin möchte ihre Kunstwerke nicht als einzelne, von der Realität des Lebens getrennte Objekte verstanden sehen. Es geht ihr um die Sensibilisierung der Sinne, mit denen die Alltagsumgebung wahrgenommen werden soll. Die Geräuschkulisse der Ausstellungsräume, der von der Straße durch das offene Fenster dringende Baulärm, das Kinderlachen – dies alles verarbeitet Grzybek bewusst in ihrer Arbeit. Die Bereiche der Kunst und des Lebens greifen ineinander über und der Betrachter wird dabei zum Kollaborateur. Text: © 2009 Valerie Masyuta